- Beitrag veröffentlicht:4. August 2024
- Beitrags-Kategorie:Geschichte
Ein Besuch im Bayerischen Landtag
Am 3. Juli 2024 besuchte die Klasse 10a des GFE zusammen mit Lehrkräften, Frau Winter und Frau Wiesner-Krotter den Bayerischen Landtag im Rahmen des Programms „Lernort Staatsregierung“. Darüber möchte ich im Folgenden aus meiner persönlichen Sicht heraus berichten:
Beginnen wir mit einer Gliederung. Der Tag kann in sechs Abschnitte zusammengefasst werden:
Hinfahrt
Mittagessen
Einweisung in die Arbeitsweise des Landtages
Einstündige Plenarsitzung
Einstündiges Treffen und Gespräch mit fünf Abgeordneten
Rückfahrt
Als Transportmittel wählten wir die Deutsche Bahn. Das Landtagsamt übernahm nach einigem Hin- und Her tatsächlich die gesamten Transportkosten, erfreulicherweise waren die Züge pünktlich und wir kamen fast ohne Verspätungen morgens in München und am frühen Abend wieder in Erlangen an.
Vormittags erkundeten wir in Kleingruppen selbständig die Münchner Innenstadt, wobei nur 1,5 Stunden zur Verfügung standen und es auch leider immer wieder regnete. Pünktlich um 11:30 kamen wir am Landtag an und wurden zunächst einmal zum Mittagessen in die Landtagskantine eingeladen. Schnitzel und Pommes sowie Kässpatzen waren sehr gut zubereitet, allerdings mussten wir lange auf das Essen warten. So verringerte sich leider unsere Zeit, die wir für die Einweisung in die Arbeitsweise des Landtages eingeplant hatten.
Die Einweisung, von einer Mitarbeiterin des Landtagsbüros gemacht, war also relativ kurz. Sie erklärte uns vor allem, wie Gesetze in Bayern zustande kommen.
Spannender war die Plenarsitzung – jedoch nicht wegen des Themas (hier ging es vor allem um die 1. Lesung eines Gesetzesvorschlags der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes). Weil wir wenig Wissen dazu hatten, war es nicht einfach, den Ausführungen der einzelnen Fachmänner und Fachfrauen der Parteien zu folgen. Interessanter war der Eindruck, wie die Parteien und Abgeordneten miteinander umgingen. Der Bayerische Ministerpräsident ‘lümmelte‘ während der Vorstellung des Gesetzes auf der Regierungsbank, schwätzte dann mit einem seiner Minister bei den Redebeiträgen von Oppositions-Abgeordneten und naschte zudem Kirschen unter der Bank. Die Fachfrauen und -männer der Parteien hingegen waren motiviert, ihre Meinung zu der Gesetzesänderung darzustellen. Insgesamt fasst eine Äußerung meines Klassenkameraden das Verhalten der Abgeordneten meiner Meinung nach treffend zusammen: „das war wie ein Streit im Kindergarten“: Während die einen redeten, riefen die anderen dazwischen, Abgeordnete beklatschen nur die Beiträge ihrer eigenen Partei. Trotzdem ging es einigermaßen gesittet zu, doch hatte ich den Eindruck, dass es den Parteien nicht um ein Miteinander und um die beste Lösung für das Gesetz ging, sondern darum, sich selbst ins beste Licht zu rücken. Dabei sahen die CSU und die Freien Wähler das neue Gesetz als gelungen an, die AfD verstand darunter eine Zensur der freien Meinungsäußerung und eine Zwangserfüllung von EU-Vorgaben, die SPD und die Grünen kritisierten es in manchen Aspekten und bescheinigten den Regierungsparteien eine schlechte handwerkliche Ausführung des Gesetzes. Nach der turbulenten freien Aussprache wurde das Gesetz an den dafür zuständigen Ausschuss verwiesen und weiter ging es mit der nächsten Gesetzeslesung. Der Landtag hatte an diesem Tag sehr viele Gesetzesvorlage abzuarbeiten und die Plenarsitzung ging wohl bis weit in die tiefe Nacht hinein.
Wir wurden jedoch nach einer Stunde zu einem kleineren Ausschuss- und Sitzungssaal geführt, wo wir fünf Landtagsabgeordnete treffen konnten. Als erstes fiel uns auf, dass Herr Mang (AfD) bereits da war, sich zentral und unübersehbar in der Mitte der Abgeordneten platziert hatte und uns freundlich lächelnd begrüßte. Er hatte sich auf unseren Besuch vorbereitet, sogar die Lex Fridericiana gelesen und lobte diese sehr. Kurz danach trafen Joachim Herrmann (CSU), Gabi Schmidt (FW), Christian Zwanziger (Die Grünen) und Horst Arnold (SPD) ein. Das Gespräch mit den Abgeordneten war für mich das Highlight der Tagesfahrt. Wir konnten den Politikern, von denen manche hohe politische Ämter in Bayern innehatten, auf den Zahn fühlen und ihnen unsere Fragen stellen. Die folgenden Themen interessierten uns: Warum begannen die Politikerinnen und Politiker mit ihrem politischen Engagement? Wie stellen sie sich Bayern und Deutschland in 20 Jahren vor? Wie stehen sie zum Wählen ab 16 Jahren? Wie stehen sie zu den Themen Migration und Arbeitsmarkt in Bayern und Deutschland? Welchen Nutzen hat heutzutage ein humanistisches Gymnasium? Wie schätzen sie die Künstliche Intelligenz ein und wie will die Politik auf diese reagieren? Welche Gründe gab es für Herrn Mang, von der CSU zur AfD zu wechseln? Als das Gespräch so richtig in Fahrt gekommen war, war die Zeit aber leider auch schon wieder vorbei – eine Stunde war meiner Ansicht nach viel zu knapp dafür bemessen. Zudem musste Herr Zwanziger, weil er einen Redebeitrag im Plenum hatte, zwischenzeitlich unser Gespräch verlassen. Er war also nur am Anfang und am Ende dabei. Interessant zu beobachten war auch, dass die Abgeordneten sich zunächst die Positionen der anderen gelassen anhörten. Nach mehreren Aussagen von Herrn Mang jedoch nahm das Gespräch und die persönliche Involviertheit an Fahrt auf. Vor allem Frau Schmidt echauffierte sich über Äußerungen von Herrn Mang auf leidenschaftliche Art und Weise, versuchte aber auch, seinen Aussagen mit Fakten zu begegnen. Herr Herrmann und Herr Arnold widersprachen Herrn Mang vor allem auf der Sachebene. Dabei bezeichneten sich alle Abgeordneten mehrfach als „Mitglied des Volkes“ und als Sprecherin oder Sprecher des vernünftigen „Volkes“. Insgesamt wurde die Diskussion zunehmend hitzig. Ich persönlich hätte mir etwas mehr sachlichen, professionalisierten Austausch gewünscht und war erstaunt, dass es in der Politik auch so emotional, manchmal sogar „wie im Kindergarten“ zugehen kann. Frau Schmidt, Herr Herrmann, Herr Arnold und Herr Zwanziger appellierten am Schluss an uns Schülerinnen und Schüler, stets einen Faktencheck zu politischen Aussagen zu machen, bevor man sich eine Meinung bildet.
Generell kann ich sagen, dass sich dieser Ausflug sehr gelohnt hat und trotz der ambivalenten Eindrücke für alle Schülerinnen und Schüler zu empfehlen ist. Die Klasse 10a und die Lehrkräfte möchten sich zudem beim Landtagsamt für die Einladung bedanken. Es war ein äußerst interessanter, spannender und lehrreicher Tag!
Text: Simon Jäger, 10a
Fotos: Wiesner-Krotter