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Leben in der DDR – Zeitzeugenvortrag am GFE

  • Beitrags-Kategorie:Geschichte

Am Dienstag, den 05. Juli 2022, besuchte Mario Röllig im Rahmen des Geschichtsunterrichts die 11. Jahrgangsstufe des Gymnasium Fridericianum, um über seine Erfahrungen in der DDR zu erzählen. Er schilderte, wie er zunächst kaum Probleme mit der Staatsgewalt hatte, eine sorgenfreie Kindheit und eine gute Arbeitsstelle genoss, schon bald aber von der Stasi angeworben wurde, seinen Freund aus dem Westen auszuspionieren. Nachdem er dies jedoch abgelehnt hatte, verlor er seine Arbeit und musste stattdessen eine Art „Zwangsarbeit“ in einem anderen Betrieb, der ihn schikanierte, leisten. Dies bewog ihn dazu, einen Fluchtversuch über Ungarn nach Jugoslawien zu wagen. Allerdings scheiterte er dabei kurz vor der Grenze, wobei sogar auf ihn geschossen wurde. Er wurde verhaftet und zurück in die DDR gebracht.

Infolgedessen verbrachte Mario Röllig drei Monate in nahezu völliger Isolationshaft, die er den Schülerinnen und Schülern eindrucksvoll näherbrachte. So berichtete er auch von psychischer Folter, die er erlitten hatte, indem die Heizung in seiner Zelle während der Sommermonate voll aufgedreht wurde. Außerdem erhielt er dort nach einiger Zeit zwar Lektüre zum Lesen, aber es handelte sich um Reiseliteratur zu Ländern, die er nie besuchen hätte können. Auf zehn Quadratmeter Fläche musste er leben und im Verhör wurde ihm eine sehr lange Aufenthaltsdauer angedroht. Hinzukam, dass es keinerlei Privatsphäre gab oder Rückzugsmöglichkeiten. Aufgrund von Kontakten seiner Eltern in den Westen konnte er aber schließlich von der Bundesrepublik Deutschland für die Summe von 90.000 DM freigekauft werden und 1988 nach Westdeutschland emigrieren.

Nach einer Wiederbegegnung mit einem der ihn in der Haft verhörenden Offiziere 1999 kehrte das damals erlittene Trauma wieder und führte zu einem psychischen Zusammenbruch. Danach begann Mario Röllig sich in der Erinnerungskultur zu engagieren. Regelmäßig führt er Besucher durch das ehemalige Stasi-Gefängnis und die heutige Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen oder berichtet Schülerinnen und Schülern von seinem Leben, wie in dem Vortrag an unserem Gymnasium. Darüber hinaus setzt er sich auch als Landesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) seit 2019 für LGTBIQ+-Rechte ein.

Der Zeitzeugenvortrag und die anschließende Gesprächsrunde waren eindrucksvoll, bewegend und sehr informativ. So konnte man sich besser vorstellen und verstehen, wie die DDR mit ihren Staatsbürgerinnen und -bürgern umging und was Leben in einer Diktatur bedeuten kann.

Robert Hofmann, Q11

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