Griechisch

Fachprofil

Griechisch am Fridericianum      

„Wozu braucht man Griechisch?“

Alt-Griechisch braucht man nicht, zumindest nicht in einem pragmatischen Sinne, bei dem man danach fragt, welchen messbaren Nutzen und Vorteil etwas hat. Nicht einmal im Urlaub kann man ja auf Alt-Griechisch sein Gyros bestellen! Wozu soll man sich also nach Latein auf eine zweite, reine Kultur-Sprache einlassen, mit der die Kinder viel Zeit und  Mühe verbringen werden, und die dann auch noch in diesen seltsamen Buchstaben daherkommt?

Eine Antwort soll hier in einem einzigen Satz versucht werden: Weil die griechische Sprache und Kultur uns zu den Wurzeln unseres eigenen europäischen Denkens und damit zu uns selbst führt.

Die griechische Literatur hat von den Naturwissenschaften über die Politik und die Kunst bis zur Philosophie auf allen Gebieten des Lebens kritisch durchdachte Modelle bereitgestellt. Denn die alten Griechen haben auf fast allen Wissensgebieten sehr prinzipielle Fragen gestellt: Nach dem Wesen einer Sache, nach ihrem Ursprung, nach ihrer Bedeutung für das menschliche Leben, nach der Gerechtigkeit, nach dem Glück. Eine sehr jugendliche Art des Denkens, die immer versucht, zum eigentlichen Kern vorzudringen!

Griechisch zu lernen ist sicher etwas Besonderes; es erfordert vielleicht sogar etwas Mut, sich für einen Weg zu entscheiden, der in unseren Zeiten nicht gerade Mainstream ist. Es ist eine Gelegenheit – die Griechen würden sagen: ein kairoßw, ein geeigneter Moment – sich auf dem Weg ins Erwachsenensein ein grundlegendes Päckchen an – und das Wort sei gewagt – Bildung zu erarbeiten. Denn diese Gelegenheit kommt ja so nie wieder!
Und wie alles Neue erschließt sich auch die Welt einer neuen Sprache nicht ganz ohne Fleiß und Einsatz. Aber wenn man mit Neugier und Offenheit daran geht, bietet die kritische und respektvolle Auseinandersetzung mit den Texten – gerade in der Originalsprache – Zeit und Raum, die Grundfragen des Lebens zu reflektieren und sich dann eine eigene, begründete Sicht auf sich selbst und die Welt zu erschließen. Und das ist es, was wir alle als Einzelne und in der Gesellschaft dann vielleicht doch ‚brauchen‘: ein Orientierungswissen über das, was wirklich wichtig und wertvoll ist.

Bei uns an der Schule gestaltet sich das für Ihre Kinder so:

Bereits in der 7. Klasse lernen die Schüler im Rahmen von ‚Projekttagen‘ spielerisch die griechische Welt kennen und – an zwei Tagen – die Grundlagen der griechischen Schrift.

In der 8. und 9. Jahrgangsstufe folgt die sogenannte Spracherwerbsphase. Es sind ca. 1250 Wörter zu lernen gegenüber ca. 1700 lateinischen von der 5. bis zur 8. Klasse. Und wer schon so viele lateinischen Wörter in seinen jugendlichen Kopf bekommt, der kann auch ca. 1250 griechische lernen! „Fremdwörter“ bleiben nicht länger fremd, ihr Kind wird Ihnen bald Begriffe wie Mantik, Manie oder Demokratie erklären können, oder warum der Zoo Zoo heißt, was ein Enzephalogramm so genau ist, worin das Wesen der Demokratie besteht oder warum wir so viel Geld für Kosmetik ausgeben (kosmeßv: ich schmücke, verschönere …). 

Das Schöne ist außerdem, dass ja jeder schon drei Lateinjahre absolviert hat und also vertraut ist mit den Arbeitstechniken und Strukturen der klassischen Sprachen. Ein AcI ist kein Schreckgespenst mehr, sondern ruft eher ein entspanntes „Aha, kenne ich schon!“ hervor.

Spätestens zur Mitte der 10. Klasse sind die Schüler*innen in der Lage, Originaltexte zu verstehen und zu übersetzen.  Es sind anspruchsvolle Fragen, die da gestellt werden: Warum führen Menschen Kriege (Herodot)? Leben wir selbstbestimmt, oder liegt doch alles in der Hand der Götter/des Schicksals (Homer) und schließlich die Fragen, die sich Jugendliche auf dem Weg ins Erwachsenendasein stellen: Was ist gerecht? Wie will ich leben? Warum tue ich das, was ich tue? (Sokrates).
Wer die zehnte Klasse mit ‚ausreichenden‘ Leistungen in Griechisch abgeschlossen hat, bekommt das Graecum.

Wer in der Oberstufe Griechisch wählt, geht auf diesem Weg des Nachdenkens weiter: Wie könnte ein guter Staat aussehen? Das beschäftigt Platon (und vielleicht wären ein paar Philosophen unter den „Königen“ auch heutzutage nicht völlig verkehrt …). Wo ist die Grenze staatlicher Macht? Mit dieser Frage ist Antigone konfrontiert. Was hält die Welt im Innersten zusammen? Darüber philosophierten die griechischen Naturphilosophen von Thales bis Demokrit. Wie sehe ich mich selbst, und was bedeuten Freundschaft und Liebe? So fragt die frühgriechische Dichterin Sappho.

Es sind zeitlose, aber existentielle Fragen, die man sich in der Auseinandersetzung mit den griechischen Texten stellt. Und wir können nicht anders als mit einem Zitat Platons zu schließen 😊:

Das nicht geprüfte Leben ist für den Menschen nicht lebenswert.

Deshalb: Wenn Ihr Kind eine positive Lerneinstellung hat und für ein Gymnasium geeignet ist: Packen Sie den Kairos beim Schopfe und vertrauen Sie darauf, dass Ihr Kind aus dem Griechisch-Unterricht Gewinnbringendes mitnehmen wird.

Ihre Griechischlehrerinnen und Griechischlehrer

Bild: Kurt Achatz Illustration – Explain-Video Lufthansa (strichwort.de)