Wenn du wegen eines Beckenbauer-T-Shirt vor deiner Klasse bloßgestellt wirst …
Am 18.6.2018 war Mario Röllig zu Gast im Gymnasium Fridericianum Erlangen. Als Zeitzeuge erzählte er den 10. Klassen aus seinem Leben unter dem Thema: „ Meine Erfahrungen in der DDR – Politische Verfolgung in der SED-Diktatur“.
In einem eindrucksvollen, bewegenden, manchmal auch humorigen und tiefe private Einblicke gewährenden Vortrag veranschaulichte er die Geschichte der DDR, die die Schüler bereits aus dem Geschichtsunterricht kannten. Durch Schilderungen aus seiner Schulzeit konnte man sehr leicht Vergleiche zum eigenen Leben herstellen und war oftmals schockiert, was Kindheit in der DDR bedeutete: Als er z.B. bei einem Fahnenappell in der 1. Klasse als begeisterter Fußballfan – zu dem Zeitpunkt fand die Weltmeisterschaft 1974 in der Bundesrepublik Deutschland statt – ein Beckenbauer-T-Shirt trug, wurde er deswegen von seinen Lehrern vor der ganzen Klasse und Schule als Unterstützer des Klassenfeinds bloßgestellt. Auch die Schulsportdisziplin „Handgranatenweitwurf“ oder das Unterrichtsfach „Wehrkunde“ sorgten für Irritation unter den Zuhörern.
Mario Röllig schilderte weiterhin eindrucksvoll, was ihn dazu brachte, 1987 einen Fluchtversuch aus der DDR zu wagen. Dieser scheiterte aber und er wurde im „Stasi-Gefängnis“ Berlin-Hohenschönhausen inhaftiert. Die Haftbedingung und das systematische Zermürben der Gefangenen erklärte er sehr deutlich und zeigte so die menschenverachtenden Methoden des SED-Regimes auf. Im März 1988 wurde er gegen westdeutsche Devisen ausgebürgert und durfte die DDR verlassen, was er als seinen zweiten Geburtstag bezeichnete. Auch der juristische und moralische Umgang mit den damaligen Tätern, die oft straffrei ausgingen, blieb nicht unerwähnt und interessierte die Zuhörer auch in der abschließenden Diskussionsrunde.
Besonders am Herzen lag Herrn Röllig der Hinweis darauf, dass er 1988 ein Flüchtling war und in der damaligen Bundesrepublik Deutschland eine offene Aufnahme und eine Chance bekommen hat, wofür er extrem dankbar und glücklich war und ist. Er gab zu bedenken, dass sich auch heute viele Menschen diese Chance wünschten.
Dieses Zeitzeugengespräch war ungemein interessant und packend und leistete nicht zuletzt einen großen Beitrag zur Politischen Bildung an unserer Schule.